Wurmlöcher von Kiajira ================================================================================ Kapitel 4: Neue Freunde ----------------------- 4. Neue Freunde Hermine straffte ein letztes Mal die Schultern, bevor sie Professor Dippet in die Große Halle folgte. Die vielen schwebenden Kerzen, die lachenden Kinder, das leise Plaudern, die goldenen Teller, die Feuer in den beiden Kaminen an den Seiten... Nichts war anders als sonst. Hermine gab sich für einen Moment der wunderbaren Illusion hin, dass alles so war wie immer, dann wanderte ihr Blick zum Lehrertisch, wo ganz andere Lehrer saßen. Das irritierte sie jedoch weniger. Schlimmer war es, Dumbledore nicht in der Mitte der Tafel sitzen zu sehen. Sie schluckte, als sie Professor Dippet vor den Lehrertisch folgte und dann nervös neben ihm stehen blieb. Sie trug bereits die Schuluniform mit dem Wappen von Ravenclaw. Auf der einen Seite waren ihr diese Kleider vertraut, auf der anderen Seite war das kalte Blau im Vergleich zu dem gewohnten Rot seltsam fremd. Wieder fühlte sie sich, als würde ein Stückchen ihrer Selbst abbrechen. Sie ließ den Blick schweifen. Die meisten Gesichter musterten sie leicht neugierig, aber ausdruckslos. Ein Mädchen am Gryffindortisch legte den Kopf schief, als sich ihre Blicke trafen, und blinzelte sie nachdenklich durch quadratische Brillengläser an. Hermine wandte den Blick nicht ab. Irgendetwas an diesem Mädchen kam ihr bekannt vor... sie dürfte in einer der oberen Klassen sein, dem Aussehen nach. Dementsprechend wäre sie in ihrer eigenen Zeit ungefähr genauso alt wie Voldemort... Das Mädchen strich sich eine vorwitzige, schwarze Haarsträhne aus dem Gesicht, die sich aus ihrem strengen Haarknoten gelöst hatte. Hermine betrachtete den Knoten einen Moment lang, dann fiel ihr Blick erneut auf die eckigen Brillengläser - und es machte Klick. Das musste Minerva McGonagall sein! Hermine wandte rasch den Blick ab. Na, das konnte ja lustig werden. Sie dankte allen Göttern dafür, dass diese nicht in Ravenclaw war. Ihr Blick fiel auf den Slytherintisch. Keiner der dort Sitzenden schenkte ihr einen zweiten Blick, doch sie erkannte ihn sofort. Harry hatte ihr nur gesagt, dass er schwarzes Haar hatte und gut aussah - auf eine kalte, abstoßende Weise. Diese Beschreibung passte wie die Faust aufs Auge. Er stach richtig aus dem Haufen der Schüler heraus, was allerdings auch daran liegen konnte, dass die anderen Schüler alle in sicherem Abstand zu ihm saßen. Er hatte fein geschnittene Gesichtszüge, hohe Wangenknochen, hellblaue Augen und pechschwarze, glatte Haare, blasse Haut - und eine Stupsnase. Hermine konnte nur mühsam dem Drang zu Lachen widerstehen, als sie das bemerkte. Das war also der Grund gewesen, warum er seine Nase hatte loswerden wollen! Kein Wunder - ein Dunkler Lord mit Stupsnase hätte es sicher viel schwerer, respektiert zu werden. Sie bemerkte erst, wie lange sie ihn angestarrt haben musste, als Dippet neben ihr das Wort erhob und das Getuschel weniger wurde - doch ganz still wurde es nicht. Hermine zog unwillkürlich die Parallele zu Dumbledore und musste wieder einmal feststellen, dass Dippet absolut nicht mithalten konnte. Er hatte einfach nicht dieselbe Ausstrahlung und höchstwahrscheinlich auch nicht dieselben Fähigkeiten. Ein Hauch von Mitleid für den alten Direktor durchfloss sie. „Meine lieben Schülerinnen und Schüler! Ich möchte euch heute eine neue Mitschülerin vorstellen. Das ist Miss Hermine Wilson. Sie wurde heute Nachmittag dem Haus Ravenclaw zugeteilt und wird ab sofort die sechste Klasse besuchen. Ich bitte euch darum, ihr den Einstieg so leicht wie möglich zu machen und ihr zu helfen, sich überall zurecht zu finden.“ Er nickte und warf jedem Haustisch einen Blick zu. Am Ravenclawtisch erhoben sich ein Junge und ein Mädchen und kamen die paar Schritte zum Lehrertisch hinauf. Der Junge streckte Hermine seine Hand hin und meinte steif: „Ich bin Marc Glenn, der Schulsprecher. Freut mich, deine Bekanntschaft zu machen. Wenn du bei irgendetwas Hilfe brauchst, zögere nicht, mich zu fragen.“ Hermine nickte und schüttelte seine Hand. „Danke.“ Marc nickte ihr noch einmal zu, dann verschwand er wieder. Hermine zog unmerklich eine Augenbraue ein Stückchen höher. Irgendwie erinnerte sie der Kerl an Anthony Goldstein, mit dem sie sich in der Zukunft das Amt der Schülersprecherin geteilt hatte... Er tat seine Pflicht, aber kein Stückchen mehr. Das Mädchen warf ihm einen missbilligenden Blick hinterher, bevor sie sich mit strahlendem Lächeln wieder an Hermine wandte. „Kümmer dich nicht um ihn, er ist...“, sie verstummte mit einem Blick auf den Direktor, hob jedoch gleich wieder zu sprechen an. „Ich bin Lauren May, die Vertrauensschülerin aus der sechsten Klasse.“ Hermine schüttelte auch ihr die Hand. Lauren sah... fröhlich aus. Ein anderes Wort traf es nicht, dieses Funkeln in ihren grünen Augen, das breite Lächeln, die leichten Lachfältchen um ihre Augen und sogar das silberne Strahlen in ihren aschblonden Haaren. Sie zog sie resolut mit sich zum Ravenclawtisch, wo sie sie mitten in eine Traube Mädchen setzte, die sie alle mit Fragen bombardierten. Bereits nach zehn Minuten wünschte sich Hermine, sie hätte vorne neben Professor Dippet erklärt, woher sie angeblich gekommen war und warum. Es schien immer noch jemand aufzutauchen, der ihre Geschichte noch nicht gehört hatte und für den sie sie wieder erzählen musste. Sie hatte die Wissbegierde der Ravenclaws ganz vergessen gehabt... In Gryffindor oder Hufflepuff wären ihr zumindest ein paar der kritischeren Fragen erspart geblieben, die sie nur beantworten konnte, weil sie vor einer Stunde noch in der Bibliothek über die Gegend rund um Morgana recherchiert hatte. Nach einer Weile, als sich die Fragerei gelegt hatte und alle am Essen waren, schauderte Hermine plötzlich. Sie hob den Blick - und begegnete seinem Blick. Er starrte sie nachdenklich vom Slytherintisch aus an, den Kopf schiefgelegt und in eine Hand gestützt. Die hellen Augen schienen sie zu durchbohren. Hermine schluckte, wandte den Blick jedoch nicht ab. Sie starrte genauso zurück und zog eine Augenbraue hoch. Er kräuselte die Lippen. Es war kein Lächeln in dem Sinn, doch es kam nahe an eines heran. Als Nächstes spürte Hermine etwas. Es fühlte sich fast an wie... wie die mentalen Fühler, die sie immer gespürt hatte, wenn sie mit Dumbledore Okklumentik trainiert hatte! Der Kerl versuchte doch tatsächlich, in ihren Kopf einzudringen! Ihre Augen verengten sich, doch sie wandte den Blick nicht ab, während sie ihre Okklumentikwälle verstärkte und dem Fühler mental einen Tritt verpasste, um ihn aus ihrem Kopf zu bekommen. Es wäre ohne Blickkontakt einfacher gewesen, doch sie wollte nicht den Eindruck vermitteln, dass sie es bei Blickkontakt nicht schaffte, ihm stand zu halten. Sie durfte sich keine Schwäche erlauben. Er zog sich augenblicklich zurück, das Kräuseln seiner Lippen wurde stärker, es sah jetzt tatsächlich beinahe aus wie ein Lächeln. Beinahe. Als Hermine daraufhin die zweite Augenbraue hochzog, wandte er den Blick ab. Sie starrte ihn noch einen langen Moment an, bevor sie sich aus ihrer Starre losriss und wieder auf ihren Teller blickte. Was bezweckte er damit? War es nur reine Neugier, oder misstraute er ihr? Und warum traute er sich, das genau unter der Nase von Albus Dumbledore zu veranstalten? Machte er das öfter? Fragen über Fragen... Lauren stieß sie an. „Worüber zerbrichst du dir den Kopf?“ Hermine schreckte hoch. „Woher willst du wissen, ob ich es überhaupt tue?“, gab sie zurück, um Zeit zu gewinnen. Fieberhaft überlegte sie, was sie antworten sollte. Lauren lachte. „Ich sehe es dir an. Glaub mir, hier in Ravenclaw ist das ganz normal. Wir sind, jedenfalls laut der anderen Häuser, das Streberhaus dieser Schule.“ Hermine lächelte und versuchte, das Thema zu wechseln. „Streber? Und was sind die anderen?“ Lauren deutete nebenan zum Gryffindortisch. „Das sind die Gryffindors, die mutigen Löwen. Sie stürzen sich meist erst in irgendwelche Sachen und denken erst hinterher darüber nach, was alles hätte passieren können. Für ihre Freunde würden sie sogar Grindelwald in den Hintern treten. Das da“ - wieder zeigte sie – „sind die Hufflepuffs. Sie sind meist nicht so schnell im Denken wie wir, aber sie gleichen es durch ihren Fleiß wieder aus. Außerdem sind sie immer gerecht, hassen Streit und sind absolut treue Freunde.“ Sie winke einem Mädchen am Hufflepuff-Tisch zu, die gerade herüber blickte. „Das ist Lucy Carmikel, eine gute Freundin von mir. Wir machen viel zusammen. Wenn du möchtest, stelle ich sie dir später vor.“ Sie blickte Hermine erwartungsvoll an. Hermine nickte rasch. „Das wäre toll! Und was“ - sie zeigte zu den Slytherins und hoffte, dass Lauren unterdessen ihre ursprüngliche Frage vergessen hatte – „sind das für Leute?“ Laurens Lächeln wurde etwas schmaler. „Das sind die Slytherins. Ihr Tier ist eine Schlange, und so benehmen sie sich auch. Sie sind egoistisch, hinterhältig und listig.“ Hermine lachte. „Würde ein Fuchs da nicht besser passen?“ Lauren schüttelte den Kopf. „Der erste Leiter ihres Hauses, Salazar Slytherin, war ein Parselmund, also ist es nur logisch, dass sein Haus die Schlange bekommen hat. Außerdem schaffen sie es regelmäßig, sich wie Schlangen aus allem Ärger heraus zu winden.“ Hermine ließ den Blick über den Slytherintisch wandern, sich der Blicke Laurens nur zu bewusst, und stoppte bei IHM. „Wer ist das?“, fragte sie. „Und warum sitzt er ganz alleine?“ Lauren senkte die Stimme und drehte Hermine zu sich, sodass sie ihn nicht mehr ansah. „Schau ihn nicht zu lange an. Er bemerkt das.“ Hermine runzelte die Stirn und zog eine Augenbraue hoch. Lauren holte tief Luft. „Das ist Tom Riddle. Er ist in unserem Jahrgang und Vertrauensschüler wie ich. Aus Sicht des Direktors ist er mit Sicherheit ein absolutes Wunderkind - er bricht alle Rekorde, was Noten angeht, aber er ist... komisch. Wenn er einen ansieht, fühlt man sich ganz komisch, fast so, als würde er Gedanken lesen können. Außerdem... ist etwas Seltsames an ihm. Ich weiß nicht genau, was es ist. Ich hab mir schon oft den Kopf darüber zerbrochen, aber... egal, halte dich am besten von ihm fern. Er verhext zwar keine Kleineren und legt sich auch nicht mit den Gryffindors an wie die anderen Slytherins, aber ich habe das Gefühl, dass er gefährlich sein kann, wenn er will.“ Hermine nickte rasch. Dann legte sie, gespielt überlegend, den Kopf schief. „Die Slytherins legen sich mit den Gryffindors an? Hat unser Haus auch jemanden, mit dem es sich nicht versteht?“ Lauren lächelte, offensichtlich erleichtert über den erneuten Themawechsel, und schüttelte den Kopf. „Nicht wirklich. Jedenfalls nicht so schlimm wie Gryffindor und Slytherin. Bei denen artet das regelmäßig in einen Kleinkrieg aus. Wir werden zwar auch manchmal von den Slytherins dumm angemacht, aber es sind nur die üblichen Vorurteile gegen Muggelstämmige.“ Hermine runzelte die Stirn. „Vorurteile gegen Muggelstämmige sollten nicht üblich sein.“ Lauren seufzte schwer. „Ich weiß, aber sag das mal den Slytherins. Die leben alle nach den alten Reinblütertraditionen und hassen jeden, der Muggel und Muggelstämmige nicht für abstoßend und unter seiner Würde hält.“ Hermine schwieg einen Moment. „Aber es können doch nicht alles Reinblüter sein“, meinte sie dann. „Dann müssten ja alle Reinblüter auf der Schule in Slytherin sein... Das kann nicht sein.“ Lauren schenkte dem Slytherintisch einen düsteren Blick. „Das hab ich mir auch schon gedacht. Wie auch immer, sie benehmen sich alle so, als wären sie es. Außerhalb von Slytherin weiß keiner, wer jetzt einer ist und wer nicht.“ Hermine schwieg. Ihr Blick ruhte wieder auf Tom Riddle. Es hatte sich also in all der Zeit nichts geändert... Sie beschloss, genau zu beobachten, ob er sich wie ein Reinblut benahm oder nicht. ~*~ Das Essen war zu Ende. Lauren packte Hermine resolut am Arm und führte sie zum Hufflepufftisch hinüber, wo Lucy gerade aufstand. Sie lächelte Hermine ein wenig schüchtern an. „Hallo.“ Hermine erwiderte das Lächeln. „Hallo.“ Einen Moment lang sagte keine etwas und die drei standen etwas verlegen in der Gegend, bis Lucy fragte: „Was hast du für Fächer gewählt?“ Hermine zählte auf: „Zaubertränke, Kräuterkunde, Zauberkunst, Verwandlung, Verteidigung gegen die dunklen Künste, Astronomie, Alte Runen, Arithmantik und Geschichte der Zauberei.“ „Wow, das sind viele schwierige Fächer“, meinte Lucy lächelnd. „Schaffst du das denn alles?“ Hermine nickte zuversichtlich. Lucy wusste ja nicht, dass sie es sogar ein Jahr lang einmal geschafft hatte, ALLE Fächer zu belegen... „Was habt ihr denn für Fächer?“, wollte sie wissen. „Ich habe fast die gleichen wie du, nur statt Alte Runen Muggelkunde“, sagte Lauren. „Und ich habe keine Geschichte der Zauberei mehr - da bin ich durchgefallen in den ZAGs. Dafür habe ich aus den späteren Fächern Muggelkunde, Pflege magischer Geschöpfe und Runen“, meinte Lucy. Hermine lächelte. „Keiner Wahrsagen?“ Lauren brummte missmutig. „Ich hatte es mal belegt, bin aber immer nur mit Ach und Krach durch die Prüfungen gekommen. Nach den ZAGs hab ich es rausgeworfen. Das Fach ist sinnlos.“ „Und ich hatte es noch nie“, meinte Lucy schulterzuckend. Hermine lächelte. „Ich konnte mich auch nie damit anfreunden. Hab es nach einem Jahr wieder abgewählt.“ Lauren legte den Kopf schief. „Das geht auf Morgana?“ Hermine nickte. Sie dankte Merlin und Morgana, dass sie vorhin noch recherchiert hatte... Bei den Ravenclaws musste sie aufpassen, was sie sagte. Sie waren schlau. Lucy gähnte. „Ich werde dann mal gehen, ich muss noch lernen. Gute Nacht, Lauren, Hermine.“ Die beiden wünschten Lucy eine Gute Nacht und sahen ihr hinterher, wie sie sich einem Grüppchen Hufflepuffs anschloss, die gerade die Große Halle verließen. Schließlich meinte Lauren: „Komm, wir sollten auch gehen. Unser Gemeinschaftsraum ist in einem der Türme, und du solltest dir den Weg möglichst schon heute merken. Hogwarts ist ein Labyrinth, wenn man es nicht kennt.“ Hermine nickte und folgte Lauren in die Eingangshalle. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)