Wurmlöcher von Kiajira ================================================================================ Kapitel 6: Hogwarts ist zu klein für zwei Genies ------------------------------------------------ 6. Hogwarts ist zu klein für zwei Genies Kaum war Hermine beim Ravenclawtisch angekommen und hatte sich mit Bedacht so gesetzt, dass sie mit dem Rücken zu den Slytherins saß, durchwühlte sie ihre Tasche und fischte ihren Stundenplan heraus. Und zog eine Augenbraue hoch. Nach dem Mittagessen hatte sie nur noch eine Stunde - und das war Verteidigung gegen die Dunklen Künste mit Slytherin. Mit Tom. Das würde lustig werden. Sie packte den Plan wieder weg und begann gerade zu essen, als Lauren mit Lucy in die Halle kam und die beiden sich zu ihr setzten. "Ist alles in Ordnung?", wollte Lauren wissen. Hermine runzelte die Stirn. "Ja, wieso?" "Weil du regelrecht aus dem Kerker geflohen bist. Hat Tom irgendwas komisches gemacht?" Hermine schüttelte mit vollem Mund den Kopf, schluckte und fragte: "Macht er denn komische Sachen?" Lucy nickte. "Wenn er dich ansieht, ist er richtig gruselig. Als würde er durch dich durch gucken. Und manchmal murmelt er vor sich hin. Außerdem hat er ziemlich fiese Freunde, die immer auf Muggelstämmigen rumhacken und sie verhexen. Er macht das zwar nicht selber, aber er scheint sowas wie ein Anführer von denen zu sein." Hermine nickte langsam. Aha. Also doch die Muggelstämmigen. Nur cleverer als die meisten anderen Slytherins. Eine Weile aßen sie schweigend, dann fragte Hermine: "Lauren, was macht ihr denn im Moment in Verteidigung?" "Duellzauber, wieso?" "Bin nur neugierig. Theorie oder auch duellieren?" "In der Doppelstunde am Mittwoch immer Theorie, Montagnachmittag Praxis. Das heißt, wir schlagen uns heute gleich die Köpfe ein. Hast du dich schon mal duelliert?" Hermine nickte. "Ja, es gab in meiner zweiten Klasse einen Duellierclub. Leider war der Lehrer absolut unfähig und wirklich viel habe ich nicht gelernt. Ich hab dann später einmal bei einer Art... Hausaufgabengruppe zum Üben von Duellzaubern mitgemacht. Die Gruppe gab es nicht lange, aber ich denke, die grundlegenden Sachen beherrsche ich." Lauren grinste. "Na, dann bin ich ja auf später gespannt." ~*~ Professor Cassady war eine Frau in den mittleren Jahren, mit kurzen schwarzen Jahren und harten, dunklen Augen. Hermine sah auf den ersten Blick, dass diese Frau Kampferfahrung hatte. Mit einem Schlucken erinnerte sie sich daran, dass Grindelwald noch frei draußen herumlief, und nahm sich vor, nach dem Abendessen in ihrem Geschichtsbuch aus der Zukunft das genaue Datum des Duells von Dumbledore und ihm nachzuschlagen. An diesem Tag würde sie nicht auf die Straße gehen. "Guten Mittag, Klasse", begrüßte sie die Schüler forsch und kurz angebunden. "Steht auf, wir üben heute alternative Schildzauber im laufenden Duell. Ich will keinen einzigen Protego hören, und wenn möglich sowieso keinen einzigen Zauber." Als alle standen, schnippte sie einmal mit dem Zauberstab und die Tische und Bänke stapelten sich an der Rückwand auf, sodass ein großer, freier Raum entstand. "Für das erste Duell dürft ihr eure Partner selbst aussuchen. Auf mein Zeichen geht es los!" Lauren winkte Hermine, und die beiden stellten sich einander gegenüber. Es bildeten sich zwei Reihen von Schülern, die sich gegenüber standen, die Zauberstäbe zückten und auf das Signal warteten. Als rote Funken aus Cassadys Zauberstab sprühten, war auf einmal die Hölle los. Hermine wunderte sich nicht im Geringsten, dass Lauren Fluch ungesagt war. Ein paar sprachen die Zauberformeln zwar noch aus, doch die meisten duellierten sich stumm. Hermine erschuf ebenso stumm einen in allen Farben leuchtenden, durchscheinenden Schild, an dem der Fluch mit einem glockenhellen Klang abprallte und neben Lauren in die Wand einschlug. Bevor sie oder Lauren einen neuen Fluch abschießen konnten, ertönte Professor Cassadys Stimme neben Hermine und ließ sie erschrocken herumwirbeln. Bevor sie realisierte, was sie tat, hatte sie den Zauberstab auf ihre Professorin gerichtet. Erst nach einem Moment, in dem die beiden sich erstarrt in die Augen gesehen hatten, ließ Hermine verlegen den Zauberstab sinken. Cassady musterte sie aufmerksam. "Sie haben schon einmal auf Leben und Tod gekämpft, nicht wahr? Gute Reaktion." Sie nickte Hermine zu. "Und ein guter Gegenfluch. Den Tueror beherrschen nicht viele in Ihrem Alter. Können Sie mir sagen, welchen unschätzbaren Vorteil dieser Zauber hat?" Hermine kniff einen Moment lang die Augen zusammen und verdrängte die Tatsache, dass Cassady ihren Kampfstil auch als solchen erkannt hatte. "Er lässt sich nicht nur vor dem eigenen Körper beschwören, sondern an jeder Stelle in Sichtweite. Damit ist es möglich, auch andere zu schützen, nicht nur man selbst. Außerdem klingt er unterschiedlich, je nachdem, ob ein heller oder dunkler Fluch auf ihn trifft." Cassady nickte anerkennend. "Exakt. Zehn Punkte für Ravenclaw. Weiter so, Miss Wilson." Damit ging sie weiter die Reihe entlang. Hermine nickte Lauren zu und die beiden setzten ihr Duell fort. Doch Hermine dachte nicht mehr über das Duellieren nach. Es ging mechanisch, war reine Reaktion auf Reaktion. Ihre Gedanken hingen bei Cassadys Kommentar, dass sie schon einmal auf Leben und Tod gekämpft hatte. Sie brauchte für den Fall der Fälle eine glaubhafte Geschichte, die sie ihr erzählen konnte. Sie musste recherchieren. Dringend. Und hoffen, dass ihre Lehrerin sie heute nicht mehr danach fragen würde. Erst eine erneute Woge aus roten Funken riss sie aus ihren Gedanken. Die Duelle brachen ab. Cassady schritt zwischen den beiden Reihen hindurch und bellte, auf einzelne Schüler deutend, die sich daraufhin zu Paaren zusammen sortierten: "Jetzt will ich Duelle zwischen diesen Paaren! Ich habe Sie so zusammen sortiert, dass es relativ ausgeglichen sein dürfte. Diesmal keine Einschränkungen, was Zauber angeht, alles, was legal ist, darf verwendet werden. Ziel ist die Entwaffnung des Gegners innerhalb von zehn Minuten! Und los!" Mit einem leichten Schrecken sah Hermine, wie Cassady zum Schluss erst auf sie und dann auf Tom zeigte. Das sollte ausgeglichen sein? Sie schluckte, als er sich ihr gegenüber stellte und kaum, dass Cassadys "Los!" verhallt war, den ersten Fluch abschoss. Hermine biss sich auf die Lippe und wich zur Seite aus. Keinen Augenblick später hatte sie selbst einen Wabbelbeinfluch gewirkt und jagte einen Expelliarmus hinterher. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, doch sie atmete tief durch und überließ ihrem Adrenalin, das bei der Erkenntnis, dass sie sich mit dem späteren Dunklen Lord duellieren sollte, durch jede Zelle gerauscht war, das Feld. Das hier war noch nicht der Dunkle Lord, das hier war lediglich ein, laut Professor Cassady vom Niveau am besten zu ihr passender, Slytherinsechstklässler. Das war zu schaffen. Doch schon binnen der ersten Sekunden bemerkte sie einen gewaltigen Unterschied zu dem vorherigen Duell mit Lauren: Das war eher ein wechselseitiger Schlagabtausch gewesen, bei dem jeder zwischendurch geschaut hatte, ob der andere bereits wieder in Position war. Das hier war ein richtiger Kampf. Tom nahm keinen Funken Rücksicht darauf, wenn sie sich zum Ausweichen geduckt hatte und noch nicht wieder auf den Beinen war, oder wenn sie gerade ihren Kopf weg gedreht hatte. Hermine registrierte es und ließ ebenfalls jede Zurückhaltung fallen. Sie jagte Fluch um Fluch los, so schnell sie konnte, und wechselte schwache mit starken, harmlose Entwaffnungszauber mit gemeineren Flüchen ab. Jeder ihrer früheren Freunde wäre wohl unter dem Fluchhagel in die Knie gegangen, doch nicht Tom. Er hatte eine Art zweite Haut um sich herum gezaubert, und Hermine bemerkte, dass er bestimmten Flüchen auswich und andere einfach von sich abprallen ließ. Sie wollte gerade auf andere Flüche umsteigen und beobachtete noch einmal, welche Toms seltsamer Schild nicht blockte, da traf sie ein Entwaffnungszauber - in den Rücken! Ihr Zauberstab flog ihr aus der Hand und Tom fing ihn lässig auf, ein schmales Lächeln auf den gekräuselten Lippen. Hermine keuchte und warf ihm einen finsteren Blick zu, während sie sich die Haare, die sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst hatten, wieder nach hinten band. Sie öffnete bereits den Mund, doch bevor sie etwas sagen konnte, ertönte - ein Klatschen? Sie sah sich um. Die anderen Duelle waren alle zum Stillstand gekommen und ausnahmslos alle starrten Tom und sie an. Professor Cassady war es, de klatschte, und nach ein paar Momenten fielen ihre Mitschüler ein. Hermine senkte peinlich berührt den Blick. So hatte sie sich das nicht vorgestellt gehabt - gleich am ersten Schultag zu einem potentiellen Tratschthema in zwei Häusern zu werden - jedenfalls mehr, als das durch ihren Eintritt während des Schuljahres der Fall war. Einen Moment später bellte Cassady: "Mädchen! Schauen Sie mich gefälligst an und seien Sie stolz auf Ihr Duell! Keiner Ihrer Mitschüler hat Riddle bisher so zugesetzt. Sie haben mit Abstand am längsten gegen ihn durchgehalten! Zwanzig Punkte für Ravenclaw!" Hermine zwang sich zu einem Lächeln. Sofort scheuchte Cassady die anderen wieder zu ihren Duellen. Hermine holte erleichtert Luft und ging zu Tom hinüber. Sie streckte fordernd die Hand aus, und als er ihr ihren Zauberstab wieder gab, fragte sie leise: "Macht sie immer so einen Aufstand um deine Duelle?" Er grinste wölfisch. "Nein. Meistens sind sie vorbei, bevor mein Gegner merkt, dass ich schon angefangen habe." Hermine ließ den Blick einmal durch das Klassenzimmer schweifen, in dem jetzt wieder Flüche kreuz und quer flogen. "Kann ich mir nicht vorstellen." Tom schnaubte. "Ist aber so. Die anderen duellieren sich nicht wirklich. Draußen wartet keiner, bis du einen Zauber dreimal probiert hast, bis er funktioniert." Hermine brummte zustimmend. Ihr "Duell" mit Lauren war nicht wirklich eins gewesen. In dem Moment tauchte Cassady vor ihnen auf. Der Frau entging auch nichts. "Kein Schwätzen in meinem Unterricht! Wenn Sie nicht wollen, dass ich Sie für den Rest der Stunde ausquetsche, woher Sie Ihre Kampferfahrung haben, Mädchen, dann kommen Sie in die Pötte und verpassen Sie Riddle noch einen Tritt in den Hintern!" Hermine schnaubte. "Ich soll ihn schon einen verpasst haben? ER hat doch schließlich gewonnen!" Als sie auf ihren Platz zurückkehrte, rief Cassady, schon im Weitergehen, noch zu: "Ja, aber diesmal musste er sich ausnahmsweise einmal anstrengen!" Hermine konnten nicht anders. Nach dieser Aussage schlich sich ein breites Grinsen auf ihr Gesicht, das auch nicht mehr weg zu bekommen war, als sie sich zu Tom drehte. Er zog bloß eine Augenbraue hoch. "Bilde dir nicht zu viel auf Cassadys Gerede ein. Du kommst nicht gegen mich an", meinte er selbstgefällig. Hermine schnaubte wieder. "Werden wir sehen", gab sie zurück und feuerte ohne Vorwarnung den ersten Fluch ab. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)