Wurmlöcher von Kiajira ================================================================================ Kapitel 7: Mehr als nur Bücher ------------------------------ 7. Mehr als nur Bücher Als Lauren sich von Hermine verabschiedet hatte, um zu ihrer Muggelkunde-Stunde zu gehen, tappte Hermine nur bis zum nächsten leeren Klassenzimmer, schloss sich darin ein und ließ sich erledigt auf eine Bank fallen. Kein einziges Mal hatte sie es geschafft, Tom zu entwaffnen, dafür hatte sie selbst den Zauberstab fünf weitere Male verloren. Sie hatte zwar jedes Mal ein wenig länger stand gehalten, doch der einzige Lohn, den das mit sich gebracht hatte, waren diverse blaue Flecken, ein verrissener Hals und pochende Kopfschmerzen. Tom hatte sie manchmal mit Flüchen, die zu schnell für einen Schildzauber waren oder keine gerade Flugbahn hatten, wie der erste Expelliarmus, der sie erwischt hatte, regelrecht tanzen lassen. Letztendlich war sie recht glimpflich davon gekommen, wenn sie an einige Flüche zurückdachte, die höchstwahrscheinlich gerade noch am Rande des Legalen gewesen waren, doch das machte die Sache nicht weniger schmerzhaft. Sie murmelte einige Heilzauber und seufzte auf, als die Schmerzen nachließen. Doch auch, als sie sich wieder halbwegs ganz fühlte, nagte immer noch etwas an ihr. Ihr Stolz. Tom hatte sie wieder geschlagen. Haushoch. Laut Professor Cassady war er den anderen Schülern noch um einiges weiter voraus, aber das machte für Hermine keinen Unterschied. Sicher hatte sie gewusst, dass er ein Genie war - aber hatten das die Lehrer über sie nicht auch ab und zu gesagt? Zu sehen, mit welcher Leichtigkeit er sie gerade geschlagen hatte, war - enorm demoralisierend. Gerade jetzt, wo wieder ein Funke Kampfeswille in ihr erwacht war, gerade jetzt, wo sie eine Chance bekommen hatte, sich friedlich direkt mit ihm zu messen... Sie schüttelte den Kopf, straffte die Schultern und stand auf. Es hatte keinen Sinn, hier herum zu sitzen und sich düstere Gedanken zu machen. Das hatte sie in der Zukunft schon lange genug für ihr restliches Leben getan. Hier konnte sie noch etwas ändern. Aber dafür musste sie zuallererst einmal ihre Noten halten - sonst würde sie wohl kaum interessant für Tom bleiben. Noch war sie es - sie hatte es in seinem Blick beim Duell vorhin gesehen - und diese Zeit musste sie nutzen. ~*~ Als sie die Bibliothek betrat, sog sie als allererstes, wie jedes Mal, wenn sie hierher kam, den Duft der Bücher ein. So roch Wissen. Lernen. Erfahren. Sie hatte mit einem Blick auf ihren Stundenplan festgestellt, dass Lauren und Lucy gerade Muggelkunde hatten. Zwar war das eine Klasse aus allen vier Häusern, aber sie konnte sich nicht ernsthaft vorstellen, dass Tom Muggelkunde belegt hatte - wenn, hätte er niemals so verquere Ansichten entwickelt. Außerdem war er wie sie in der Muggelwelt aufgewachsen - wozu also? Vielleicht war er ja sogar hier? Sie ging leise die langen Regalreihen entlang. Am Ende von den meisten standen in den Nischen Arbeitstische. Einige waren bereits besetzt, allerdings herrschte noch Stille. Später am Nachmittag würde es lauter werden, wenn die anderen auch keinen Unterricht mehr hatten. Hermine schlenderte auf der Suche nach einem bekannten Gesicht immer tiefer in die Bibliothek, bis sie in die Nähe der verbotenen Abteilung kam. So weit hinten standen nur die Bücher über höhere Magie - die, die gerade noch nicht in die verbotene Abteilung gehörten. Hermine war in der Zukunft oft hier gewesen, doch normalerweise fand man hier nur selten Schüler. Umso erstaunter war sie, als sie Stimmen hörte. Und damit nicht genug, es war auch noch Tom! Die andere Stimme kam ihr auch bekannt vor, doch sie konnte sie ohne das dazugehörige Gesicht nicht zuordnen. Die beiden sprachen sehr leise, flüsterten fast . Sie wurde neugierig und drückte sich rasch an das letzte Regal vor der verbotenen Abteilung. Als sie um die Ecke spähte, bot sich ihr ein seltsames Bild. Die zweite Stimme gehörte Marc, dem Schulsprecher. Er hatte einen Fuß in der Tür zur verbotenen Abteilung, offensichtlich, um sie offen zu halten, und drückte Tom gerade ein kleines, schon reichlich zerfleddert aussehendes Buch in die Hand. "Morgen Abend um elf wieder hier, Riddle", zischte er. "Länger kann ich dir wirklich nicht geben. Danach fällt es auf, dass das Buch fehlt." "Kein Problem", gab Tom aalglatt zurück. "Von mir aus auch heute Abend um elf." Marc schüttelte den Kopf. "Nein, morgen. Da hab ich Aufsicht. Wann bekomme ich die Bezahlung?" "Auch dann." Hermine hielt die Luft an. Das war ja hochinteressant. Marc ließ sich dafür bezahlen, Tom verbotene Bücher unter der Hand auszuleihen. Marc nickte, wirbelte auf dem Absatz herum und floh geradewegs aus der Bibliothek. Hermine stolperte zurück, als er an ihr vorbei rauschte. Anscheinend hatte sie dabei mehr Lärm gemacht, als sie dachte, denn im nächsten Moment stand sie mit dem Rücken an das Bücherregal gepresst, Toms Hände an den Schultern. Einen Moment lang starrten die beiden sich unverwandt in die Augen. Hermine schluckte, als Tom wieder einmal seine Legilimentik-Fühler ausfuhr. Sie schnaubte, schubste ihn aus ihrem Geist und schlug seine Arme weg. Er versuchte nicht, sie wieder festzuhalten, doch er versperrte ihr den Weg zwischen den Regalreihen auf den Mittelgang hinaus. Sie war gefangen. Doch das kümmerte sie nicht im Geringsten. In dem Moment, in dem sie den Fühler gespürt hatte, war urplötzlich Wut in ihr hochgeflackert. Die Wut, die sie seit dem ersten Duell auf ihn hatte. Sie funkelte ihn an. "Warum tust du das immer? Hast du inzwischen nicht langsam gemerkt, dass das bei mir nicht funktioniert?" Er zuckte nur mit den Schultern. "Irgendwann kriege ich dich", meinte er gelassen. Hermine schnaubte wieder und schüttelte den Kopf. "Ich will nicht wissen, bei wem du das sonst noch alles machst. Was bringt dir das eigentlich?" Er lehnte sich locker an eins der Regale, doch Hermine ließ sich nicht täuschen. Er versperrte ihr immer noch den Weg. Sie hatte jedoch keine Lust, auszuprobieren, was er anstellte, wenn sie versuchte, an ihm vorbei zu kommen. Jetzt kräuselten sich seine Lippen wieder. "Es hilft gegen Langeweile." Sein Blick wurde hart. "Und ich merke, wenn mich jemand anlügt." "Warum sollte dich jemand anlügen?", wollte Hermine wissen und legte stirnrunzelnd den Kopf schief. Er antwortete nicht, sondern schnellte urplötzlich vor wie eine Schlange und pinnte sie erneut mit den Schultern am Regal fest. "Kein Wort darüber, oder über die Sache mit Glenn, hast du verstanden?" Er blitzte sie an, mit einem Mal bedrohlich. Einen Moment herrschte quälende Stille, ein Moment, in dem Hermine dachte, ihr Herz müsste zerspringen, so schnell pochte es mit einem Mal. Sie hatte Angst. Dieser Junge war gefährlich. Doch mit einem Mal erwachte noch eine andere Seite in ihr. Eine irrwitzige Idee nahm in ihrem Kopf Gestalt an. Sollte sie...? Tom war immerhin ein Slytherin, es war durchaus möglich, dass er darauf ansprang... Sie holte tief Luft, lächelte süß und legte den Kopf schief. "Unter einer Bedingung: Du wendest ab sofort nie mehr bei mir Legilimentik an." Toms Griff lockerte sich, und er musterte sie ungläubig. "Warum sollte ich mich darauf verlassen, dass du dein Wort hältst?" Hermines Lächeln wurde breiter. "Ich bin kein Slytherin. Abgemacht?" Einen weiteren Augenblick lang herrschte dröhnende Stille. Toms Blick hatte sich mit ihrem verhakt, doch er versuchte nicht mehr, in ihren Geist einzudringen. Sie erwiderte ihn, ohne mit der Wimper zu zucken. Schließlich ließ er sie los. "Abgemacht." Im nächsten Moment war er herum gewirbelt und verschwunden. ~*~ "Hermine!" Hermine sah von ihrer Arbeit auf. Lauren kam auf sie zu, im Schlepptau einige jüngere Schüler. Was Hermine als Erstes ins Auge stach, war die bunte Mischung aus allen Häusern. Lauren setzte sich zu ihr an den großen, bis auf sie noch leeren Tisch und die Kleinen folgten ihr lautstark. Hermine zog fragend eine Augenbraue hoch, doch Lauren murmelte ihr nur kurz zu: "Gleich." Dann erhob sie ihre Stimme. "Okay, fangt mit den Hausaufgaben an. Wenn ich mit meinen auf morgen durch bin, könnt ihr mich fragen, was ihr wollt, wie gehabt." Ein großes Gewühle in Taschen, Spitzen von Federn, Rascheln von Pergament und Blättern von Büchern setzte ein. Nach ein paar Minuten kehrte wieder Ruhe ein, jeder hatte mit seiner Aufgabe begonnen. Hermine legte den Kopf schief, als Lauren sich wieder ihr zuwandte. "Ist das so eine Art Nachhilfegruppe?" Lauren runzelte die Stirn. "Ich würde es nicht als Nachhilfe bezeichnen. Ein paar von denen, die hierher kommen, sind richtig gut in der Schule. Die wollen dann Sachen wissen, die noch gar nicht behandelt wurden, einfach weil sie neugierig sind. Nenn es lieber eine Lerngruppe." Hermine lächelte. "Ich mag die Idee. Wie hast du es geschafft, alle Häuser an einen Tisch zu bekommen?" Lauren grinste. "Ich habe für ungerechtfertigte Laufwege quer durch die Bibliothek Punkte abgezogen." Hermine schnaubte. "Sicher, dass du nicht nach Slytherin gehörst?" Lauren lachte und machte sich an ihre Aufgaben. Wenig später hob Hermine den Blick von ihrem eigenen Aufsatz, als ein kleiner Junge aus Slytherin schüchtern fragte: "Lauren? Darf ich dich schon was fragen?" Lauren murmelte etwas unverständliches, sah aber nicht von ihrer Arbeit auf. Hermine zögerte keine Sekunde, legte die Feder weg und lächelte den Kleinen an. Er war höchstens in der zweiten Klasse. "Du kannst auch gerne mich fragen. Wie heißt du?" Er warf ihr einen undefinierbaren Blick zu, antwortete dann aber: "David Fielding. Du bist Hermine Wilson, richtig?" Hermine nickte. "Was willst du denn fragen?" Der Junge schob ihr einen halb fertigen Aufsatz hin und begann, zu erklären, wo er nicht weiter kam. ~*~ Als Lauren und Hermine zusammen die Bibliothek verließen, meinte Lauren: "Danke." Hermine lächelte. "Gern geschehen." Lauren blieb stehen und sah Hermine ins Gesicht. "Würde es dir was ausmachen, öfter mit der Meute zu lernen? Meine Hausaufgaben werden immer mehr, und bald kommen die Prüfungen, und ich weiß nicht, ob ich es weiter alleine schaffe. Ich will sie aber auf keinen Fall jetzt alleine lassen. Ein paar haben sich in den letzten Wochen enorm verbessert. Und du scheinst Spaß am Erklären zu haben." Hermines Lächeln wurde breiter. "Klar helfe ich dir. Wie oft lernt ihr denn zusammen?" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)