Wurmlöcher von Kiajira ================================================================================ Kapitel 10: Frühling -------------------- 10. Frühling Die folgenden Wochen und Monate verliefen ruhig. Zu ruhig, für Hermines Geschmack. Doch die Ruhe half ihr auch, die Angst vor dem Basilisken zu beherrschen. Tom hatte nichts getan, um ihr zu schaden - er wusste nicht einmal, dass sie muggelstämmig war. Sie dankte Merlin und Morgana dafür, dass sie in ihrer erfundenen Geschichte eine Halbblüterin war. Tom und sie waren weiter die unangefochtenen Klassenbesten, auch wenn Tom immer noch fast überall einen Hauch besser war. Lediglich in Verwandlung schlug sie ihn manchmal - immer dann, wenn er etwas Lebendiges entweder verschwinden lassen und wieder auftauchen lassen sollte, oder wenn er etwas Lebendiges in einen Gegenstand und wieder zurück verwandeln sollte. Die Tiere waren hinterher bei ihm immer tot. Hermine schob das auf die Tatsache, dass andere Leben für ihn nicht viel bedeuteten. Da sie allerdings meistens entweder die Rückverwandlung nicht ausführen mussten oder aber nur Tiere in Tiere und Gegenstände in Gegenstände verwandelten, war er trotzdem meistens besser als sie. ~*~ In der Woche vor den Prüfungen schließlich geschah etwas, womit Hermine nicht gerechnet hatte. Sie hatten gerade Verwandlung und wiederholten die Verwandlung von einfachen Schlangen in magische Tierwesen, in ihrem Fall Wichtel. Das war zwar schon so schwer die der Stoff vom nächsten Jahr, aber Professor Dumbledore schien mit dem Lehrplan ein gutes Stück voraus zu sein. Hermine verwandelte ihre Schlange und lähmte den knallblau leuchtenden Wichtel sofort, bevor er das Klassenzimmer verwüsten konnte. Sie musste wieder an Lockhart denken und unterdrückte ein Grinsen. Zu dem Zeitpunkt hatte sie ihn noch vergöttert, aber im Nachhinein war es einfach nur komisch, sich daran zu erinnern, wie die Wichtel seine Bücher und seine Selbstportraits an den Wänden zerstört hatten. Ihr Blick wanderte zu Tom, um zu sehen, ob er sie schon wieder übertrumpft hatte. In der Erwartung, einen perfekten Wichtel zu finden, erstarrte sie verblüfft. Tom hatte noch nicht einmal damit begonnen, seine Schlange zu verwandeln, sondern er - streichelte sie. Die Schlange gab ein eindeutig zufriedenes Zischen von sich. Im nächsten Moment kippte Hermine beinahe vom Stuhl. Tom beugte sich zu der Schlange vor - und zischte etwas zurück. Sie hielt die Luft an und gab vor, mit einem Diagnosezauber den Zustand des Wichtels zu kontrollieren, während sie Tom aus den Augenwinkeln beobachtete. Definitiv, er unterhielt sich mit der Schlange! Einen langen Moment blickte sie wie gebannt auf seine zischenden Lippen, dann verstummte er und sah zu ihr auf. Seine Augen verengten sich. "Was?", zischte er. Hermine machte große Augen und mimte einmal mehr die Unwissende. Es fiel ihr mittlerweile sehr leicht, sie war wirklich in ihre Rolle hinein gewachsen. "Du - hast du gerade... Parsel gesprochen?" Toms Augen wurden noch kleiner. "Wenn du das irgendjemandem erzählst, dann - " "Ich hatte nicht vor, es jemandem zu erzählen", unterbrach sie ihn. "Hast du?" Tom musterte sie einen Moment lang völlig ausdruckslos, dann nickte er fast unmerklich. Hermines Herz machte einen Hüpfer. Die Tatsache, dass Tom es bestätigte, musste heißen, dass er ihr bis zu einem gewissen Punkt vertraute. Das war gut, sehr gut sogar. Sie war ihm nämlich nicht wirklich näher gekommen. Er beobachtete sie immer noch, genauso wie sie ihn. Das war jetzt vielleicht der entscheidende Schritt... Doch bevor sie noch etwas sagen konnte, trat Dumbledore an ihren Tisch und Tom verwandelte seine Schlange kommentarlos. Dumbledore lobte ihre Arbeit, wie immer, dann bat er sie beide, nach der Stunde zu Professor Dippet zu kommen. Als es klingelte und sie ihre Sachen packten, fragte Hermine: "Hast du eine Ahnung, warum Dippet uns sehen will?" Tom schnaubte. "Warum ich hin soll, weiß ich, was du damit zu tun hast... keine Ahnung." "Warum denn?" Doch Tom gab keine Antwort, als er das Klassenzimmer verließ. Hermine beeilte sich, ihm zu folgen. Wenig später hatten sie den steinernen Wasserspeier erreicht, und Tom sagte laut und deutlich: "Mandragora." Der Wasserspeier erwachte zum Leben und ließ sie passieren. Oben angekommen, klopfte Tom an die Tür, und die beiden traten ein. "Ah, da sind Sie ja! Setzen Sie sich", wurden sie empfangen, und Dippet beschwor zwei Stühle vor seinem Schreibtisch. Hermine und Tom ließen sich darauf nieder. Dippet legte die Hände aneinander, eine Geste, die Hermine eher an Dumbledore erinnerte. "Tom, Sie wissen, warum Sie hier sind. Miss Wilson, ich habe von Albus erfahren, dass Sie über den Sommer auch auf Hogwarts bleiben möchten, da Sie keinen Kontakt mehr zu Ihren Eltern haben. Ist das richtig?" Hermine nickte rasch. "Ja, sie wollten nicht, dass ich wegziehe, und wollten mich aufhalten. Es ging nicht anders. Ich weiß nicht, wo ich in den Ferien hin soll." Sie wunderte  sich selbst ein wenig, wie schnell ihr die Lügen mittlerweile über die Zunge kamen, aber sie verbot sich, darüber nachzudenken. Was nötig war, war nötig. Sie wandte sich an Tom. "Ich will den Sommer AUCH in der Schule bleiben? Willst du denn auch?" Er nickte, sagte jedoch nichts. "Nun", meinte Dippet. "Jetzt, da Sie bereits zu zweit sind und ein Jahr lang nichts geschehen ist, sollte es machbar sein. Immerhin sind Sie beide die besten Schüler seit bestimmt ein paar Jahrzehnten und solange Sie nicht alleine durch die Schule wandern, sollte nichts passieren. Sie werden allerdings zur Sicherheit trotzdem beide zusammen in ein Haus ziehen, in welches, können Sie unter sich ausmachen. Keiner von Ihnen geht alleine irgendwohin, wenn es nicht nötig ist, und Sie verlassen das Gelände nur unter Aufsicht. Haben wir uns verstanden?" Beide nickten. Hermine blickte zu Tom. "In welches Haus wollen wir? Mir ist es egal." "Zu dir", kam die prompte Antwort. Hermine nickte. "In Ordnung." Sie fragte sich, ob Tom nicht wollte, dass sie in seinem Territorium in den Kerkern herum lief. Nun, sie hatte nicht gerade ein inniges Verhältnis zu den Kerkern, sie war eigentlich ganz froh, dass Tom zu ihr in den Turm zog anstatt umgekehrt. "Gut", meinte Professor Dippet. "Miss Wilson, Sie können dann einfach in Ihrem Schlafsaal wohnen bleiben, und Ihnen, Tom, werde ich ein Zimmer einrichten. Ich erwarte, dass Sie beide sich am letzten Schultag bei mir melden, wenn Tom umgezogen ist. Ab dann will ich Sie nirgendwo mehr alleine herumlaufen sehen, haben wir uns verstanden? Zu zweit kann ich es ihnen erlauben, aber ich werde nicht zulassen, dass einer von Ihnen sich in Gefahr begibt." Wieder nickten die beiden. "In Ordnung, das wäre alles. Dann raus mir Ihnen, Sie haben sicherlich noch genug zu lernen." Sie verabschiedeten sich, doch kaum waren sie unten angekommen, knurrte Tom. "Was ist?", wollte Hermine wissen. Sie hatte ihn noch nie knurren gehört, in der Tat hatte sie bisher nicht mehr Gefühlsregung von ihm erlebt als sein gekräuseltes Lächeln oder seine gelangweilte Miene in den meisten Unterrichtsstunden. "Weißt du, was das heißt? Dippet lässt uns die ganzen Ferien zusammenhängen wie Runespoorköpfe. Warum hat er uns nicht gleich aneinander gekettet?" Hermine gab leise zurück: "Es hat schon seinen Grund. Immerhin ist er verantwortlich für uns, falls etwas passiert." Tom schnaubte. "Was soll schon groß passieren? Außerdem ist keiner für mich verantwortlich, ich bin bereits volljährig." "Das bin ich auch, aber trotzdem. Und nachdem, was ich über die Ereignisse im letzten Jahr erfahren habe, kann man nicht vorsichtig genug sein." Sie blickte ihn besorgt an, während sie den Gang entlang gingen. Tom warf ihr einen seltsamen Blick zu, den sie nicht deuten konnte. An der nächsten Treppe verließ er sie ohne ein Wort. ~*~ Während dem Wochenende vor den Prüfungen verdrängte sie den Gedanken, dass sie ihre Ferien mit Tom verbringen würde, erfolgreich aus ihren Gedanken. Es gab so viel zu lernen und zu wiederholen... Sie hatte die Prüfungen zwar schon einmal hinter sich gebracht, doch sie wollte so gut sein wie nur irgend möglich, vielleicht in Verwandlung sogar besser als Tom. Das wäre eine Genugtuung, die sie die ganzen Ferien genießen würde. Doch dafür musste sie lernen, lernen, lernen... Außerdem hatte Lauren ihr ihre Lerngruppe fast vollständig überlassen, mit dem Kommentar, dass sie das Lernen für die Prüfungen nötiger hatte als Hermine. Mehr als einmal besuchte Hermine in diesen Tagen die Küche, um sich Kaffee zu holen - ohne Kaffee wäre sie schon mehrmals über ihren Büchern eingeschlafen. Den gab es an den Haustischen nicht, damit die jüngeren Schüler ihn nicht in die Finger bekamen. Es widerstrebte Hermine zwar, den Hauselfen noch mehr Arbeit zu machen, doch sie sah, dass sie glücklich waren. Hogwarts kümmerte sich gut um sie. Außerdem wusste sie, dass sie hier noch viel mehr Gegenwehr bekommen würde als zu ihrer Zeit, falls sie B.Elfe.R wieder aufleben lassen wollte. Hier gab es noch nicht einmal einen Dobby, den sie als Vorbild hinstellen konnte (auch wenn er das nie gemocht hatte). Zähneknirschend musste sie sich eingestehen, dass es hier nichts gab, was sie für die Elfen tun konnte. Nun, sie hatte B.Elfe.R. nicht vermisst. Es war Teil ihres alten Lebens, und das war unwiederbringlich vorbei. ~*~ Die Prüfungen bereiteten Hermine keine Schwierigkeiten. Im Gegenteil, meistens war sie mit dem schriftlichen Teil schon nach der Hälfte der Zeit fertig. Mit einem kurzen Blick neben sich stellte sie dann meistens fest, dass Tom auch fertig war. Bei der ersten Prüfung - Zauberkunst - hatte Tom ihr einen leicht überraschten Blick geschenkt, bevor er wieder gelangweilt aus dem Fenster gesehen hatte. Hermine hatte sich die Chance nicht entgehen lassen - sie hatte ein kleines Stück Pergament aus ihrer Tasche gefischt und Striche für Buchstaben darauf gemalt. Dann hatte sie es Tom hin geschoben. Tom hatte sie mit einem herablassenden Blick bedacht und darunter geschrieben: "Galgenmännchen? Ist das dein Ernst? Glaubst du wirklich, ich würde mit dir Galgenmännchen spielen?" Hermine warf einen Blick zum leeren Pult von Professor Weston - sie musste nicht anwesend sein, das ganze Zimmer war mit Anti-Schummel-Zaubern belegt – dann schrieb sie zurück: "Nein, aber uns ist beiden langweilig. Das ist sicher besser als Löcher in die Luft zu starren." Tom runzelte die Stirn, als er das Pergament zu sich heranzog und schenkte ihr einen ungläubigen Blick, bevor er seine Antwort darunter kritzelte. Als Hermine das Pergament wieder zu sich zog, schlich sich ein Lächeln auf ihr Gesicht. Er hatte zwar noch darunter geschrieben: "Wer sagt denn, dass ich Löcher in die Luft starre?", doch darunter stand: "E?" ~*~ Von diesem Moment an spielten sie in jeder schriftlichen Prüfung, in der sie nebeneinander saßen, Galgenmännchen. Hermine machte es einen Riesenspaß. Mit Harry oder... Ron... hatte sie immer haushoch gewonnen, die beiden gaben ihr einfach zu vorhersehbare Wörter wie "Feuerblitz" oder "Chudley Cannons" zum Raten. Im Gegenzug hatten sie viele Fachwörter, die Hermine ihnen gegeben hatte, nicht einmal gekannt, und sich beschwert, dass sie ihnen unlösbare Aufgaben stellte. Für Tom allerdings konnte sie die schwierigsten Wörter heraussuchen, die sie kannte, und er erriet sie trotzdem nach einer Weile. Er gab ihr auch reichlich komplizierte Wörter zum Raten, die ihr ein herrliches Kopfzerbrechen bereiteten, das sie noch nie bei diesem Spiel gehabt hatte. Endlich hatte sie jemanden auf ihrem Niveau gefunden, mit dem sie spielen konnte. Und wenn sie sich nicht sehr täuschte, machte es Tom auch Spaß. Immerhin hätte er ihr ansonsten in Verwandlung keinen Zettel hin geschoben, auf dem stand: "Bist du bald fertig? Mir ist langweilig." Hermine hatte lächeln müssen und zurückgeschrieben: "Verwandlung ist das einzige Fach, wo ich eine Chance habe, dich zu schlagen. Denkst du, da schreibe ich auch nur ein Wort weniger hin, als ich weiß?" Und dann geschah das Wunder, als er ihre Antwort las. Er lächelte! "Versuch es ruhig", hatte er zurückgeschrieben. "Darauf kannst du wetten", hatte Hermine gekritzelt und sich wieder tief über ihren Prüfungsbogen gebeugt. ~*~ Erst am letzten Prüfungstag dachte Hermine wieder daran, dass Tom in den Ferien nicht von ihrer Seite weichen würde. Vorher hatte sie nicht allzu lange darüber nachgedacht, doch nun hatte sie doch ein klein wenig Angst. Sicher, Tom war eindeutig der beste Gegner, den sie beim Galgenmännchen je gehabt hatte, doch das änderte nichts daran, dass er bereits die Kammer des Schreckens geöffnet hatte. Er war gefährlich. Es war etwa anderes, mit ihm in dieselbe Schule zu gehen, als von früh bis spät in seiner Gegenwart zu sein. Auf der einen Seite war das wohl die beste Chance, die Hermine je bekommen würde, aber auf der anderen machte sie sich schon ein wenig Sorgen. Doch nun war es zu spät, umzukehren. Es war schon seit Monaten zu spät, umzukehren, da würde sie jetzt auch keinen Rückzieher machen. Sie hatte nur noch dieses Leben, und alles, was hier wichtig war, war Tom. Da würde sie doch wohl keine Angst haben, mit ihm Wand an Wand zu wohnen! Auch wenn sie hier in Ravenclaw war, in ihrem Herzen war sie eine Gryffindor, und sie würde das durchziehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)