Wurmlöcher von Kiajira ================================================================================ Kapitel 18: Auf ein Neues ------------------------- 18. Auf ein Neues Ihre Fächer hatten sich nicht geändert, daher war auch ihr Stundenplan der Gleiche geblieben. Der erste Schultag war ein Mittwoch, sie hatte Vormittags Zauberkunst und Verteidigung gegen die Dunklen Künste. In beiden Fächern saß sie neben Lauren. Missmutig kippte sie ihren Tee hinunter und packte ihre Tasche am Hufflepufftisch neben Lucy noch einmal neu, um nicht gemeinsam mit Lauren die Halle verlassen zu müssen, die gerade aufstand. Zehn Minuten später verabschiedete sie sich von Lucy und machte sich auf den Weg zu Professor Westons Klassenzimmer. Dort angekommen, sah sie sich um. Sie war recht spät gekommen, doch ihre Lehrerin war noch nicht da. Die Sitzordnung war die gleiche wie im letzten Jahr geblieben. Ihr Blick wanderte über Laurens betont ausdrucksloses Gesicht, den leeren Platz neben ihr und dann zwei Reihen weiter nach hinten, wo Minerva neben einem Jungen aus Ravenclaw saß, den Hermine nicht näher kannte. Sie wusste gerade einmal seinen Namen. Sie holte tief Luft und ging zu den beiden hinüber. "Ähm, Roger?" Roger sah auf. "Hast du etwas dagegen, mit mir Platz zu tauschen? Lauren und ich haben uns gestritten und ich..." Er brummte. "Habs schon mitbekommen." Langsam räumte er seine Sachen zusammen. "Meinetwegen. Soll mir egal sein, wo ich sitze." Hermine zwang sich zu einem Lächeln. "Danke." Sie setzte sich neben Minerva, sobald Roger weg war. Minerva grinste. "Du kennst Roger nicht, oder?" Sie schüttelte den Kopf. "Er ist eine furchtbare Nervensäge. Du hast mir einen Gefallen getan und Lauren ganz schön eins ausgewischt." Hermine musste lachen. "Na dann... hab ich doch gern gemacht." ~*~ In Verteidigung gegen die Dunklen Künste blieb sie ebenfalls im Türrahmen stehen und überlegte, wie sie von Lauren wegkommen konnte, die sie jetzt ganz offensichtlich feindselig musterte. Roger hatte sie die ganze Stunde Zauberkunst zugetextet. Ihr Blick wanderte auf die Slytherinseite der Klasse, wo neben einem schlecht gelaunten Tom eine verschüchterte Delia saß. Delia war eines der Mädchen gewesen, mit denen sich Hermine letztes Jahr einen Schlafsaal geteilt hatte, und soweit sie das mitbekommen hatte, verstand sie sich gut mit Lauren. Sie holte tief Luft und marschierte geradewegs auf sie zu. "Delia?" Delia schreckte hoch und musterte sie dann abweisend. Hermine schluckte. Anscheinend hatte Lauren sie bereits gegen sie aufgebracht. Sie hatte nicht gedacht, dass Lauren so mies sein konnte. "Hast du Lust, mit mir Platz zu tauschen?" Delias Augen weiteten sich, und sie nickte so schnell, dass ihre schwarzen Locken sich fast an der Stuhllehne verfingen. Einen Moment später war sie bereits vorne bei Lauren. Es gab Hermine einen Stich, als sie die beiden tuscheln sah. Sie seufzte schwer und ließ sich auf den nun leeren Stuhl neben Tom fallen. Frustriert fuhr sie sich mit der Hand durch die Haare. "Morgen, Tom." "Morgen", meinte er dumpf. "Immer noch Funkstille zwischen euch?" Hermine schnaubte. "Von mir aus Funkstille bis zu Circes millionstem Todestag. So jemand wie die brauche ich nicht." Tom lächelte mit gekräuselten Lippen. "Besser so, als wenn du niemals erfahren hättest, dass sie so ist." Hermine brummte und holte ihre Feder und das Tintenfässchen aus der Tasche. "Weißt du jetzt, warum ich so ungern vertraue?", fragte er leise. Sie blickte auf und biss sich auf die Lippe. Dann tastete sie unter der Bank nach seiner Hand und drückte sie kurz. "Ja. Trotzdem kann es sich lohnen, man muss nur an den Richtigen geraten." Er zog eine Augenbraue hoch. "Dann bin ich wohl ein ziemlicher Pechvogel, was?" Sie musste lächeln. "Scheint so." Verteidigung gegen die Dunklen Künste mit Tom machte um einiges mehr Spaß, als wenn sie neben Lauren saß. Sie hatten sich zwar schon letztes Jahr in den praktischen Stunden immer duelliert, aber die Theorie war nicht übermäßig spannend gewesen. Jetzt jedoch kommentierte Tom beinahe jeden Satz, den Cassady vorne von sich gab, und nicht selten war er der Meinung, dass ihnen etwas falsch beigebracht oder bewusst ausgelassen wurde. Cassadys missmutiges Gesicht, wenn ausgerechnet Tom schwätzte, war auch ein Anblick für sich, mal abgesehen davon, das er überraschend oft Recht hatte. ~*~ Nach dem Mittagessen, das sie alleine am Ravenclawtisch verbracht hatte, nachdem sie Lauren bei Lucy hatte sitzen sehen, ging sie in die Bibliothek, um in der Freistunde ihre Hausaufgaben zu machen. Sie sah Laurens - und eigentlich auch ihre - Lerngruppe eifrig arbeitend um einen der großen Tische sitzend. Bevor sie sich allerdings zu ihnen setzen konnte, marschierte Lauren an ihr vorbei und zischte ihr dabei noch ein "Wag es ja nicht!" zu, bevor sie sich zu ihren Schützlingen setzte. Etwas in Hermine zog sich schmerzhaft zusammen, als die Kleinen alle auf Lauren einredeten, sie lachte und begann, ihnen nacheinander zu antworten. Sie sollte mit an diesem Tisch sitzen. Sie hatte die Kleinen mittlerweile echt gerne gehabt - und sie half immer gerne. Jetzt jedoch war dieser Tisch tabu. Mit zusammengepressten Lippen ging sie weiter in die Bibliothek hinein - und stand auf einmal vor der Tür zur Verbotenen Abteilung. Dort drinnen war die Fensternische, in der sie so viele Tage verbracht hatte, neben Tom, die Nase in dicken Büchern. So nah und doch so unerreichbar... Sie seufzte schwer. "Hermine!", ertönte in diesem Moment von der Seite eine Stimme. Sie blickte in den letzten Gang vor der Verbotenen Abteilung - und sah an dessen Ende Tom in einer genauso aussehenden Fensternische sitzen, vor der auf einem Tisch seine Hausaufgaben ausgebreitet lagen. Sie schüttelte lächelnd den Kopf und setzte sich zu ihm. "Täusche ich mich oder war diese Nische gestern noch nicht da?" Er kräuselte seine Lippen. "Besondere Umstände erfordern besondere Mittel." Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. "Wir sollten zu Dippet gehen und eine Erlaubnis für die verbotene Abteilung einholen. Glenn hatte eine, und der Schulsprecher vor ihm auch. Ich glaube kaum, dass er sie uns nicht gibt." Hermine Laune stieg schlagartig. "Das wäre großartig!" Mit einem versonnenen Lächeln machte sie sich an die Arbeit. Es war wie in den Ferien. Die gleiche einvernehmliche Stille zwischen ihnen. Nur dumm, dass sie bald wieder zum Unterricht mussten... ~*~ Zu Geschichte der Zauberei gingen sie gemeinsam. Hermine ignorierte die Blicke, die Lauren ihr zuwarf, als sie mit Tom die Bibliothek verließ. Sie waren nicht nett. Kaum waren sie auf den Gängen draußen, schnaubte Tom. "Ich kann nicht glauben, dass sie jemals deine Freundin gewesen sein soll. In ihren Gedanken ist kein Funke Zuneigung mehr übrig, nicht einmal mehr eine positive Erinnerung an dich." Hermine sah ihn schräg von der Seite an. "Sag mal, gibt eine auch nur eine Person, deren Gedanken du nicht liest, außer mir und vielleicht Dumbledore?" Toms Lippen kräuselten sich. "Cassady. Ansonsten alle." Hermine musste lachen. "Und, lohnt es sich?" Er grinste regelrecht dreckig. "Also, an was die Leute in Binns' Unterricht alles denken, ist schon sehr interessant..." Hermine schnappte nach Luft. "Keine weiteren Infos, bitte!" Er lachte leise. Ein nachdenklicher Ausdruck schlich sich auf Hermine Gesicht. "Wobei... was Binns selber denkt beim Unterrichten, würde mich schon interessieren..." Tom schnaubte. "Nichts. Rein gar nichts. Sein ganzes Denken besteht nur aus seinem Stoff und vielleicht ein paar Begrüßungs - und Abschiedsworten, die er für den täglichen Umgang braucht. Mehr nicht." "Wundert mich nicht", gab Hermine zurück. Immerhin würde er sogar in fünfzig Jahren als Geist noch unterrichten. Sie unterdrückte den Impuls, ihm davon zu erzählen, und war heilfroh, dass er ihren Geist in diesem Moment in Ruhe ließ. ~*~ Beim Abendessen hatte Hermine sich kurzentschlossen mit zu Tom gesetzt, als sie festgestellt hatte, dass Lauren und Lucy sich am Ravenclawtisch zusammen gesetzt hatten. Die meisten Slytherins - und auch viele aus den anderen Häusern - beäugten sie misstrauisch, doch sie ignorierte die Blicke, die auf ihr ruhten, und unterhielt sich weiter mit Tom. Irgendwann murmelte er ihr zu: "Die halten dich alle für wahnsinnig. Und die Slytherins fragen sich, wie du es schaffst, dich mit mir zu unterhalten, wenn es noch nicht mal sie hinbekommen." Hermine kicherte leise. "Sollen sie ruhig", gab sie zurück. Irgendwie war ihr die Meinung der anderen noch nie so egal gewesen. Hauptsache, sie saß neben Tom. Nun ja, fast. Ihr Blick wanderte zu Lucy, die gerade anscheinend von Lauren zugetextet wurde. Lauren Seitenblicken zu ihr herüber zu schließen, redeten sie gerade über sie. Lucy blickte auf, als hätte sie Hermines Blick gespürt, und sah sie fragend, aber nicht abweisend oder sauer, an. Hermine formte mit den Lippen ein "später" und Lucy nickte. Tom blickte von ihr zu Lucy, kniff die Augen zusammen, und und flüsterte: "Sie weiß nicht recht, was sie davon halten soll, dass du hier bist. Sie denkt allerdings, dass wir uns in den Ferien angefreundet haben könnten, auch wenn sie das bezweifelt, weil ich ihr unheimlich bin. Sie verurteilt dich allerdings nicht, sie will erst wissen, was du dazu sagst." Hermine sah empört auf. "Tom!" Er legte den Kopf schief und zog eine Augenbraue hoch. "Was denn?" Sie seufzte und legte ihr Besteck weg. "Ich weiß zwar, dass du unmöglich Manieren gelernt haben kannst, aber man stöbert nicht einfach in den Gedanken anderer Leute, hat dir das noch nie jemand gesagt?" Seine zweite Augenbraue wanderte ebenfalls in die Höhe. "Vorhin hast du selber darüber gelacht und wolltest wissen, was Binns denkt. Denkst du, du bist besser, weil du es nicht tust?" Hermine biss sich auf die Lippen. Bei Tom war es verdammt einfach, mit Vollgas mit dem Kopf gegen eine steinharte Wand aus Argumenten zu krachen - er war nun einmal ein Genie. Sie holte tief Luft. "Nein, so viel besser war ich heute auch nicht", gab sie zu. "Trotzdem gibt es so etwas wie Privatsphäre." Er zuckte mit den Schultern. "Schon, aber... irgendwas muss ich ja tun. Du solltest eigentlich wissen, wie schnell mir langweilig wird." Sie verengte ihre Augen. "Das ist kein Argument, Tom! Die Sommerferien hast du auch ohne überlebt!" Er grinste. "Nein. Ein paar Lehrer waren ja da." Sie schnappte nach Luft und schlug ihm dann spielerisch auf den Arm. "Trottel." Damit stand sie auf, nickte Lucy zu und machte sich auf den Weg nah draußen. Lucy folgte ihr nur wenige Minuten später, und die beiden setzten sich auf die große Treppe, die vom Eingangstor auf die Ländereien hinunter führte. "Du magst ihn, oder?", fragte Lucy nach einer Weile. "Hmmm", murmelte Hermine. "Ist...ist er dir denn gar nicht unheimlich?", fragte sie unsicher. Hermine seufzte und sah der Sonne beim Versinken zu. "Doch, ab und zu schon. Aber immer seltener." Lucy schnaubte. "Jetzt lass dir doch nicht jedes Wort aus der Nase ziehen! Was findest du an ihm, sag schon!" Hermine lachte, dann blickte sie wieder auf den Sonnenuntergang. "Wir denken ähnlich", begann sie leise. "Wir fühlen uns beide regelmäßig im Unterricht unterfordert und lernen deswegen viel schwierigere Sachen, damit uns nicht langweilig ist. Wir können über Sachen diskutieren, die soweit über Hogwartsniveau liegen, dass kein anderer mithalten kann." Lucy legte ihr einen Arm um die Schultern. "Zwei Genies, hm?" Hermine lachte leise. "Ja, so ungefähr. Er ist aber trotzdem fast überall besser als ich." "Fast?", fragte Lucy aufgeregt. "Wo bist du denn besser?" Hermine drehte sich zu Lucy und sah ihr ins Gesicht. "Er killt mich, wenn ich es dir verrate", meinte sie grinsend. Lucy lachte. "Okay, ich hab nicht gefragt." Hermine suchte ein wenig unsicher Lucys Blick. "Du findest es nicht... schlimm oder komisch, dass ich ihn mag?" Lucy schüttelte den Kopf. "Wieso sollte ich? Wenn du glücklich bist, ist alles in Ordnung." Sie grinste. "Und außerdem sieht er irgendwie weniger furchteinflößend aus, wenn du neben ihm sitzt." Hermine musste lachen. In diesem Moment ertönte eine dunkle Stimme hinter ihnen: "Ich dachte, du wolltest niemandem von den Ferien erzählen?" Die beiden Mädchen zuckten zusammen, als Tom zu sie trat und sich neben Hermine auf die Treppe setzte. Sie fixierte seine Augen. "Sie hat gefragt. Und ich werde sie nicht anlügen, nur um deinen Ruf zu retten." "Verstehe", meinte Tom. "Der dürfte nach dem Abendessen heute eh schon ruiniert sein", fügte Hermine noch hinzu. Tom schnaubte. "Definitiv." Lucy musterte ihn verschüchtert, dann meinte sie leise: "Was hast du denn dagegen, wenn die anderen erfahren, dass ihr befreundet seid? Jeder hat doch Freunde, es ist nichts besonderes." Hermine presste die Lippen zusammen und wartete auf den Knall. Das würde Tom nicht gefallen... Doch zu ihrem Erstaunen legte er bloß den Kopf schief. "Vielleicht hast du Recht. Jetzt kann ich sowieso nichts mehr daran ändern..." Hermine lächelte breit, als ihr Herz einen Salto schlug. Es war einfach zu schön, zu sehen, dass Tom bereit war, mit Lucy zu sprechen. Und das Lucy nicht so viel Angst vor Tom hatte, dass sie ihm nicht sagen konnte, was sie dachte. 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